Hej, ist Skandinavien jetzt etwa Mainstream? Ich sitze gerade am Frühstückstisch, blättere durch die Vogue Scandinava… Und diese Frage wird mir jetzt wieder bewusster, wenn selbst das erfolgreichste Fashion Magazin der Welt eine Skandinavien-Ausgabe hat. Und falls das so ist mit dem Mainstream, was macht das dann mit mir, meinem Blog oder meinem Podcast? Fragen über Fragen. Fest steht, dass Nordeuropa als Reisedestination und auch der skandinavische Lifestyle immer präsenter werden. Egal, ob beim Einrichten, beim Kochen, bei der Serien-Auswahl, in der Mode, in der Kosmetik oder sogar im deutschen TV-Unterhaltungsprogramm.
Mehr dazu auch in meinem Skandi-Podcast DER NØRD.
Damals als ich mit dem Skandinavien-Blog anfing …
Als ich 2015 mit dem Bloggen begann, gab es zwar schon ein paar andere Blogs über Nordeuropa, Instagram war noch nicht so populär, wie heute, und irgendwie war der hohe Norden immer noch was für Leute, die irgendwie anders waren. Entweder wurde Nordeuropa von den Menschen bereist, die sich in ihrer Funktionsjacke pudelwohl fühlen, Elch-Souvenirs als Erinnerung kaufen, zelten in der freien Natur nach einer Wanderung oder mit der ganzen Sippe ein Ferienhaus in Dänemark mieten. (Viele Punkte davon trafen lange Zeit auch auf mich zu – bis auf das Wandern und Zelten.) Man war immer der Außenseiter: Während es die Mehrzahl im Urlaub in den Süden zog, sprang mal selbst auf die nächste Fähre in den Norden. Doch irgendwie ist es heute anders. In den Discountern werden reihenweise Kreuzfahrten nach Skandinavien angeboten, für alle. Ist natürlich auch praktisch, kein Flug – Skandinavien quasi ab Kiel, Hamburg oder Rostock.
Die Zahl der Urlaubs-Tipps, die ich in den vergangenen Monaten von meinem kleinen Freundes- und Bekanntenkreis bekam, stieg an. Und ich dachte: Was? Du willst nach Dänemark? Ok… Immer mehr wollen mal ein Wochenende nach Stockholm und Kopenhagen fliegen, eine Woche in Dänemark, Norwegen oder Finnland verbringen. Aber auch Schweden und Island gehören längst zu den angesagten Hotspots.
Woran liegt das?
Liegt es an der Corona-Pandemie und den Lockdowns, dass man vielleicht mehr die Länder schätzt, die sich geografisch in Europa befinden? Sind Thailand, Türkei, Ägypten, Amerika und die Kanaren out? Vielleicht ist es die regionale Nähe, aber vielleicht ist es auch die Sehnsucht nach einer heilen Welt, die wir immer im Kopf haben, wenn wir an Skandinavien denken? Seit unsere Kindheit denken wir, dass es im hohen Norden nur Menschen mit blonden Haaren und blauen Augen gibt, die in einem roten Holzhaus, wie in Bullerbü leben, Fisch essen und das Leben genießen. Dass die Realität anders ist, wissen wir längst. Aber die hohe Lebensqualität in Nordeuropa, die Zufriedenheit und dieses Hygge, das mittlerweile alle kennen, ist noch ein Grund mehr nach Skandinavien zu reisen. Während wir in Deutschland oft unzufrieden sind, auf die Politik schimpfen, zu viel arbeiten und uns selbst zu dick, zu gestresst und genervt fühlen, wollen wir in den Norden und uns wenigstens fürs Gefühl etwas abgucken? Warum nicht? Immerhin gehören die skandinavischen Länder, zu den Ländern mit den glücklichsten Menschen der Welt. (Auch das wird uns immer wieder vor Augen geführt.) Obwohl Finnland, das glücklichste Land der Welt, den Wert 7,8 hat und wir in Deutschland 7,2. Wir stehen also gar nicht so schlecht da. Aber klar. Im Norden ist alles besser: Die Gleichberechtigung, die Arbeitszeiten, die Luft, die Zimtschnecken.. Aber nicht das Bier.
Aber warum nun Mainstream? Alles eine Skandi-Bubble?
Ich will erst gar nicht damit anfangen, dass fast täglich neue Kanäle auf Instagram entstehen, deren Namen mindestens ein Wort mit „Scandi“, „Nordic“, „North“, „Skandi“, „Hygge“, „Lagom“, „Zimtschnecke“, „Elch“ usw. enthalten. Das ist auch gut so. Aber ist das wirklich so oder liegt das einfach an dem Algorithmus, der mir solche Seiten vorschlägt, weil ich mich in einer Skandi-Bubble befinde? Immer mehr Accounts entdecken den Skandi-Stil für sich. Doch ist es wirklich ein Skandi-Stil, weil sie sich Inspirationen im Norden gesucht haben oder imitieren sie den Stil anderer, der vielleicht bereits kopiert wurde und was ist am Ende noch Skandi? Weiße Holzmöbel? Und ich möchte erst gar nicht damit anfangen, was heutzutage alles „Hygge“ sein soll.
Was ganz offensichtlich ist, ist der Zustand, dass es immer mehr skandinavische Marken in unserem Alltag gibt. Ich zähle hier mal eine kleine Liste auf, die mir spontan einfallen – ohne zu Googeln. Zuletzt ist sicherlich der finnische Lieferdienst WOLT aufgefallen. (Ein Lieferdienst aus Finnland!!!)
- Wolt
- Volvo
- H&M
- IKEA
- Spotify
- Skype
- Søstrene Grene
- Fiskars
- LEGO
- and other Stories
- MONKI
- Marabou
- Fazer
- Arla
- Nokia
- Fvällräven
- Bang & Olufsen
- diverse Einrichtungsmarken
Es gibt sicherlich viele mehr … und immer, wenn irgendwo eine neue Marke auftaucht, kommen die Leute auf mich zu und fragen: Kennste, kennste, kennste? Nein, natürlich kenne ich nicht jede Marke aus Skandinavien.
Skandinavien überall im TV
Machen wir uns nichts vor. Die besten Krimi-Serien kommen einfach aus Skandinavien. Der langweilige Tatort, Polizeiruf und Co. können nicht mithalten und sehnsüchtig wartet man bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, wie ARD und ZDF, auf 21:45 Uhr und den Skandi-Krimi. Doch auch auf Netflix erscheinen immer mehr eigene Produktionen – fast monatlich aus Island, Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. Dafür wurde eigens ein eigener Standort in Kopenhagen eröffnet.
Selbst der ZDF-Fernsehgarten hat eine Ausgabe dem Land Schweden gewidmet und hat uns so etwas Midsommar-Gefühle nach Hause geschickt, ein Isländer hat „Let’s Dance“ gewonnen, bei Jan Böhmermann trat die norwegische Sängerin Sigrid auf, Ina Müller macht Sendungen aus Stockholm und Co. Und die aktuelle Krimi-Serie aus Dänemark „Kastanien Mann“ ist auf Platz 8 in Deutschland. Und selbst Guido Maria Kretschmer hat in seiner Deko-Sendung das Motto „Hygge“ gehabt.
Ist das nun gut oder schlecht?
Natürlich begrüße ich, dass der skandinavische Lebensstil immer beliebter wird. Immer mehr Menschen wollen so leben, wie im Norden: nachhaltig, regional, respektvoll. Immer mehr Zuhause strahlen in vielen Facetten des Skandi-Looks. Musik und Serien aus Nordeuropa stürmen die Charts. Und vielleicht wird Skandinavien dadurch noch mehr Herzen in Deutschland erobern können und alle, die bisher das Skandi-Gefühl vermittelt haben, bekommen noch mehr Sichtbarkeit und werden nicht mehr als Nische angesehen. Ich denke, ich werde meinen Fokus ein wenig verändern auf meinem Blog. Ich weiß noch nicht, wo die Reise hingehen wird, aber sie wird definitiv weitergehen.
Danke fürs Lesen.
Mehr Gedanken dazu gibt es natürlich auch in meinem Skandi-Podcast DER NØRD.